Karibik

Îles des Saintes

Guadeloupe, 14.1.2022

Seit Beginn der Reise hatte wir jede Insel mit mindestens einem Ausflug oder einem privaten Trip “mitgenommen” und vor allem Gaby musste sich aufgrund ihrer nach wie vor akuten, sehr schmerzhaften Hüftbeschwerden teilweise deutlich durch die botanischen Gärten und Herrenhäuser oder auch einfach durch Spaziergänge, wenn man sie denn so nennen darf, quälen. Also haben wir beschlossen, auf in der Hauptstadt der Insel St. Lucia, Soufriere, lediglich einen kleineren Spaziergang in Hafennähe zu machen. Es wurde ein außerordentlich kurzer Spaziergang. Denn bereits nach Verlassen des Eingangs/Ausgangsbereiches am Kreuzfahrtquai mit seinen obligatorischen Andenken-Shops und privaten Taxifahrern, die sicher tolle Ausflüge anzubieten haben, standen wir auf der Hauptstraße der früheren Hauptstadt und Hafenstadt Soufriere, die lediglich ca. 16.000 Einwohner aufzuweisen hat. Spektakuläre Gebäude konnten wir in unseren Reiseführeren und nach Internetrecherche nicht finden, also blieb es bei der Absicht, ein wenig Lokalcolorit aufzunehmen. Gefunden haben wir allerdings, mehr als auf anderen Inseln, bittere Armut. Vor allem junge Menschen hatten sich in den Bars und Cafes an der Hauptstr. eingefunden und waren bereits um 11.00 Uhr Ortszeit fast ausnahmslos betrunken. Ungeniert wurden wir, vor allem Gaby, angesprochen und da wir höflich aber bestimmt auf Abstand blieben, auch teilweise übel beschimpft. Überall, ob Gebäude oder Straßen, war Verfall und Schmutz zu sehen, auch die Nase, die wir nach wie vor mit unseren Masken schützen wollten, haben das mitbekommen. Eine überdachte Markthalle, in der wir lokale Produkte erwarteten, war zur Hälfte mit Drahtgittern abgesperrt, aber sichtbar ungenutzt, auf der verbleibenden Fläche waren lediglich die typischen Andenken, vor allem aber Tücher und T-.Shirts in allen erdenklichen Farben und Mustern zu erwerben. Wir waren die einzigen “Kunden”, aber zumindest hier waren die Verkäuferinnen recht zurückhaltend und so konnten wir in Ruhe, dennoch aber zügig unsere Runde beenden.

Uns hätte sicher im Inland mit seinen tropischen Schönheiten etwas anderes erwartet, aber an diesem Morgen blieb uns nur die Flucht. Zum Glück hatten uns dann Mitreisende von ihren Ausflügen berichtet und im Vergleich zu den bisherigen Zielen schnitt St. Lucia auch bei diesen Mitreisenden bedeutet schlechter ab.

Ganz anders dann der Folgetag, an dem wir vor den vor der Insel Guadeloupe liegenden Îles des Saintes ankerten. Zwar konnte Gaby nach wie vor nicht an Land, ich selbst habe mich dann aber doch auf den weg gemacht und ein oder andere Überraschung erlebt.

Die Îles des Saintes, “Die Inseln der Heiligen”, erhielten von Kolumbus ihren Namen, der an Allerheiligen 1493 hier anlegte. Aber erst in 1648 wurde die Inselgruppe und auch die Hauptinsel Guadeloupe von Franzosen besiedelt. Aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage war die Inselgruppe sowohl von Engländern wie auch Franzosen recht begehrt, wurde dann aber in 1816 endgültig und bis zum heutigen Tage französisch.
Unsere MARINA lag an der Stelle vor Anker, an der am 12. April 1782 die größte Seeschlacht der Karibik, die Seeschlacht von Les Saintes, die aufgrund des Rückzugs der Franzosen zugunsten der Engländer ausging, stattfand. Die Vorstellung, das an genau dieser Meerenge ca. 100 Schiffe auf beiden seiten, hatte schon etwas, vor allem weil mit uns zwei Segelschiffe, ebenfalls Kreuzfahrtschiffe, auf Reede lagen, ein Viermaster und ein Fünfmaster. Eine imposante Kulisse.

Nachdem ich nach kurzer Tenderfahrt, bei Temperaturen von deutlich über 30 Grad, an Land ging, erwartete mich die erste Überraschung. Es wurde französisch gesprochen und Straßenschilder und Ladenbezeichnungen etc. waren auf französisch. Ich war erfreut, viele Mitreisende US-Bürger waren deutlich irritiert bis sogar empört.

Ich machte mich auf den Weg, die kleine Ortschaft, die den Namen der Insel Terre-de-Haut trägt zu erkunden und wählte dabei auch die Seitenstraßen. Der Ort selbst hat nicht mehr als ca. ca. 2.500 Einwohner, dementsprechend kurz waren auch die Wege. Dennoch schien es ungewöhnlich zu sein, dass ein Tourist die Seitenstraßen begeht, denn in der Nähe einer Schule konnte ich eine kleine Gruppe uniformierter Schüler beobachten, die mit deutlichen Signalen in meine Richtung tuschelten. Endlich wurde ein mutiger Schüler vorgeschickt, der micht ganz vorsichtig ansprach: “Vous êtes américain?” Auf französisch verneinte ich und gab den Hinweis, dass ich Deutscher sei, woraufhin ein Gejole ausbrach und ich von ca. 12-15 Schülern umringt wurde. Die wollten ganz genau wissen, warum ein Deutscher auf einem Kreuzfahrtschiff der Amerikaner unterwegs sei. Vor allem ein Deutscher, der französisch sprach. Gott sei Dank erlöste mich nach kurzer Zeit die Schulglocke und ich konnte meinen Weg durch ein aufgeräumtes Örtchen, das bis in die privaten Gärten hinein gepflegt und im Gegensatz zu dem bisher gesehenen geradezu klinisch sauber war.

In einem Anfall von Wahnsinn machte ich mich auf den Weg zu dem nahegelegenen Fort Napoleon. Wahnsinn deshalb, weil ich bereits nach der ersten Stunden meines Rundgangs durch den kleinen Ort vollkommen von meinem Schweiß durchnässt war und jeder Schritt den Berg zum Fort, das deutlich oberhalb der Ortschaft lag, trieb weitere Schweißperlen auf die Stirn. Auf halber Strecke und angesichts der erschöpften Menschen, die mir entgegenkamen, habe ich kurzerhand entschieden, dass Napoleon dieses Mal nicht gewinnen würde. Am Quai wieder angekommen wurde ich sofort von den Mitarbeitern der MARINA mit kalten Tüchern und Getränken versorgt, der Blick auf meine vollkommen durchnässte Kleidung hat bei so mancher älteren Mitreisenden (jedenfalls älter als ich) Muttergefühle ausgelöst und dementsprechend wurde ich auch umsorgt.

Dennoch hat mir der Ausflug ausgesprochen gut gefallen. Auflösen kann ich allerdings nicht, warum Inseln, die so nahe beieinander liegen wie Barbados, St. Vincent, St. Lucia etc. so unterschiedliche “Lebensumstände” zu haben scheinen. Bei der einen Hoffnungslosigkeit, Verfall, Trunkenheit als Lösung, bei der anderen deutlich zu spürender Aufbruch, Sauberkeit und Zufriedenheit. Ich werde das wohl nie verstehen.

Eine nette, aber in Bezug auf unsere diesmaligen Mitreisenden absolut typische Anekdote war dann ein Gespräch, das Gaby an Bord mithören musste. Es haben sich auf den Sonnenliegen an Bord zwei amerikanische Damen niedergelassen und ihren Ausflug auf die Insel besprochen. Und tatsächlich waren sich die beiden voller Empörung einig, dass es doch unmöglich sei, wenn auf einer Insel, die von einem amerikanischen Kreuzfahrtschiff angefahren wird, französisch gesprochen wird. Das hätte man vor der Buchung doch sagen müssen….Wenigstens habe man in Dollar bezahlen können….
So etwas passiert, wenn bestimmte US-Bürger einmal ihre Blase der us-amerikanischen Einzigartigkeit verlassen müssen.

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